Mosaikkunst in der Schweiz - lebendige Vergangenheit

Julius Cäsar und die Schweizer

Nicht erst seit gestern ist die Schweiz ein schönes Land, in dem sich Besucher sehr wohlfühlen. Auch der römische Kaiser und Feldherr Julius Cäsar war anscheinend von der Schweiz so begeistert, dass er sich entschloss, dort Siedlungen und Straßen zu bauen.

Um die Zeitenwende wurde die Schweiz auch bei anderen Römern sehr populär und so kamen sie nach und nach über die Alpen und siedelten sich dort an. Zum Beispiel auch in Massongex, in der Nähe von St. Maurice. Der kleine Ort im französisch sprechenden Teil des Kanton Wallis, in dem heute rund 1.300 Menschen leben, war einst ein wichtiges Handelszentrum und ein Umschlagplatz für Waren, die aus der Schweiz ins Römische Reich kamen und umgekehrt. Die Römer haben dort Häuser und auch Badehäuser gebaut, die sich einst einer sehr großen Beliebtheit erfreut haben. Die Mosaiken dieser Thermen sind heute noch in Massongex zu besichtigen.

Badehäuser sind auch das zentrale Thema der römischen Mosaikkunst in Münsingen, im Kanton Bern. Dort, zwischen der Hauptstadt der Schweiz und der Ortschaft Thun, unmittelbar an der Aare gelegen, steht ein einzigartiges Museum mit römischer Mosaikkunst. Ursprünglich waren die Mosaiken im Römischen Museum in Bern zu sehen, aber nach einem Umbau im Jahre 1999 wurden die Bodenmosaike ausgelagert und in die kleine Gemeinde Münsingen gebracht. Dort hat man die Mosaike aber nicht wie sonst üblich in einem Museum neu verlegt, sondern jedes einzelne Mosaik in einem Pavillon wieder in den Boden eingelegt. Der Betrachter bekommt auf diese Weise einen sehr plastischen Eindruck von den Mosaiken und wie sie in den römischen Badehäusern ausgesehen haben mögen. Der Pavillon ist überdacht und wenn das Wetter im Winter zu kalt wird, dann werden die Mosaike mit einem Deckel verschlossen. Besonders eindrucksvoll bei den Mosaiken von Münsingen sind die Darstellungen von Fischen und Blumenornamenten, die noch in ihrer ganzen Schönheit zu sehen sind.

Das Orpheus-Mosaik aus Cheyres

Mosaik FK045 Orpheus aus Cheyres, Schweiz

Dieses Orpheus-Mosaik wurde am 16.05.1778 in Cheyres (früher Teil von Yvonand) bei Avenches in der Schweiz entdeckt. Es besteht aus 800.000 Mosaiksteinen. Sogar Goethe kam nach Yvonand, um dieses Wunderwerk zu besichtigen. Kurz darauf wurde es von Bauern zerstört, entweder um dieses heidnische Bild zu vernichten oder weil sie dachten, Gold wäre darunter versteckt. Einen Teil des Frieses kann man heute noch sehen. Es wurde 1911 unter dem Altar der Kirche von Yvonand versiegelt. In der Raiffeisen Bank findet man eine Kopie einer kolorierten Radierung des Mosaiks, die kurz vor seiner Zerstörung gemacht wurde. Unsere Rekonstruktion basiert auf der damals angefertigten Zeichnung. Sie zeigt Orpheus in klassischer Pose, Harfe spielend und umringt von Tieren.

Der Schatz von Avenches

1970 entschloss sich die kleine Gemeinde Avenches im Kanton Waadt, ein Neubaugebiet für Einfamilienhäuser zu erschließen. Es wurden die üblichen Vorarbeiten wie Vermessungen und ähnliches gemacht und da es keine Probleme gab, wurden die ersten Gräben für die späteren Strom- und Wasserleitungen ausgehoben. Und dann kam alles ganz anders. Die Bagger stießen auf Widerstand und als man sich die vermeintlichen Felsstücke einmal näher ansah, stellte das Bauamt von Avenches fest, dass es sich mitnichten um einfache Felsbrocken handelte, sondern um eine Mauer. Da man in den Stadtarchiven aber nichts finden konnte, was auf eine frühere Besiedlung hindeutete, rief man Archäologen zur Hilfe. Das war ein guter Gedanke, denn die Archäologen staunten nicht schlecht, als sie sich die Mauer näher ansahen: Sie waren auf Überreste einer römischen Villa gestoßen!

Das Thema Einfamilienhäuser hatte sich schnell erledigt, als man bei weiteren, vorsichtigen Grabungen nicht nur eine Villa aus der Römerzeit fand, sondern gleich eine ganze Stadt. Bei der zuerst gefundenen Mauer handelte es sich um eine Stadtmauer und bei weiteren Grabungen wurden auch einzigartig schöne und sehr gut erhaltene Mosaiken gefunden. Die Forscher fanden schließlich heraus, dass es sich bei der Stadt um ein Zentrum der Römer in der Schweiz gehandelt hat, das zur Zeitenwende gebaut wurde. Die Römer waren damals von Petinesca, dem heutigen Studen, bis nach Lausanne gekommen und hatten unterwegs in Avenches in Halt gemacht. Dort muss es ihnen so gut gefallen haben, dass sie dort Straßen und Häuser gebaut haben.

Die Funde von Avenches waren eine Sensation. Archäologen aus der gesamten Schweiz reisten nach Avenches und gruben nach und nach immer mehr Mauerreste und Häuser aus. In einigen der Häuser waren die Räume verschwenderisch mit Mosaiken ausgestattet. Man fand Motive mit Jagdszenen in wunderschönen Farben, die mit einer großen Liebe zum Detail gearbeitet waren. Sehr plastisch wurden die Jäger mit Pfeil und Bogen dargestellt. Selbst die Kleidung, die typischen Sandalen und der Schmuck, bis hin zu den Frisuren – alles war noch genau zu erkennen. Neben den Jagdszenen fand man aber auch in den Boden eingelassene, achteckige Medaillons mit ebenso detailgetreuen Portraits, von denen angenommen wird, dass es sich dabei um die Bewohner des Hauses handelt. Unter einigen der Bodenmosaiken wurden Fußbodenheizungen gefunden, die darauf schließen lassen, dass es sich bei den Bewohnern um reiche Kaufleute gehandelt hat.

Heute können die wunderschönen Mosaike noch in ihrer ganzen Pracht im römischen Museum von Avenches besichtigt werden.

Augusta Raurica

Die größte römische Siedlung, die jemals auf Schweizer Boden gefunden wurde, ist die Kolonie Augusta Raurica, das heutige Augst.

Im Jahre 44 vor Christus, kam der römische Feldherr Lucius Munatitus Plasicus auf seinem Weg nach Germanien auch in den Kanton Aargau, genauer in die Nähe von Basel. Die Gegend gefiel ihm und er beschloss, hier eine Siedlung zu bauen, aus der allerdings sehr schnell eine geschäftige Stadt wurde. Augusta Raurica nannte er die Siedlung, in der zu ihrer Blütezeit bis zu 15.000 Menschen wohnten. Es gab Tempel, Aquädukte, ein Amphitheater und natürlich auch Wohnhäuser und prächtige Villen. In diesen Häusern und Villen fanden die Archäologen einen Schatz: Es wurden 47 Bodenmosaike in den Wohn- und Schlafräumen, den Bädern und Speisesälen ans Tageslicht gebracht. Die meisten davon waren flächendeckend. Wunderschöne Rosetten, Medaillons mit Flechtmustern, Ranken und florale Motive, aber auch streng geometrische Muster und Motive wurden nach und nach frei gelegt.

Das größte Mosaik wurde in einer der Luxusvillen gefunden. Es zeigt einen Gladiator, der in 47 verschiedenen Farbnuancen dargestellt worden ist. Ob es sich bei der Villa um das Zuhause eines reichen Kaufmanns handelte, der vielleicht auch Geschäfte mit einer Gladiatorenschule gemacht hat, oder aber um die Villa eines zu Reichtum und Ehren gekommenen Gladiatoren selbst handelt, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Auffallend bei allen Mosaiken, die in der Kolonie Augusta Raurica gefunden wurden, ist aber, dass nicht die Farben im Vordergrund standen, sondern immer das Motiv.

Aber nicht nur in den Villen der vermögenden Kaufleute fand man Mosaike, sondern auch in den Häusern der Handwerker. Der Unterschied lag nur darin, dass in den Häusern der einfachen Leute heimischer Kalkstein verarbeitet wurde, während es in den Villen der Reichen aus Italien importierter Marmor war.

Heute ist Augusta Raurica ein Freilichtmuseum der besonderen Art und gilt als schönste und auch größte römische Siedlung nördlich der Alpen.

Die Villa von Orbe

Auch in der kleinen Gemeinde Orbe, im Schweizer Kanton Orbe war es reiner Zufall, dass eine Kostbarkeit aus der Römerzeit gefunden wurde.

Ein Unbekannter ließ im Jahr 160 nach Christus, zwei Kilometer von Orbe in Richtung Yverdon, eine mächtige Villa mit über 100 Zimmern errichten. Wer dieser Mann war und warum die Villa 110 Jahre später wieder verlassen wurde, weiß niemand. Fest steht dagegen nur, dass diese Villa im Laufe der Jahre mehr und mehr verfiel, von marodierenden Truppen teilweise zerstört und im Mittelalter als Steinbruch benutzt wurde. Aber es gab historische Dokumente, in denen die Villa immer wieder erwähnt wurde und so entschlossen sich Archäologen, an dieser Stelle zu graben und machten dabei einen sensationellen Fund.

Sie konnten acht der ursprünglich 100 Zimmer freilegen und fanden dort das größte zusammenhängende Mosaik, das jemals in der Schweiz gefunden wurde. Sie restaurierten die Mosaike direkt an Ort und Stelle. Vier der Kunstwerke waren im so genannten „Trompe-L'oeil" Verfahren gearbeitet worden, was für den Betrachter interessant ist, denn er kann das Motiv aus verschiedenen Blickwinkeln sehen. Es sind in der Hauptsache Motive aus der griechischen Mythologie, die auf den gut erhaltenen Mosaiken zu sehen sind: das Labyrinth des Minotaurus, Theseus und die Ariadne auf Naxos, die Helden Odysseus und Achilles, aber auch römische Götter, sieben der damals bekannten Planeten und ein zusammenhängender Zyklus der Wochentage. Besonders schön sind aber die Mosaike, auf denen die Göttin der Jagd Diana und detailgetreue Jagdszenen dargestellt wurden.

Besucher können heute die Mosaiken von Orbe in vier Pavillons besichtigen. Wer in der Nähe von Orbe oder Yverdon-les-Baines ist, sollte sich diese kunstvollen Mosaike nicht entgehen lassen.

Mosaike der Neuzeit

Es waren nicht nur die Römer, die in der Schweiz eine Reihe von schönen Mosaiken zurückgelassen haben, auch in der neueren Zeit hat es immer wieder wunderschöne Mosaike gegeben und das an den unterschiedlichsten Orten.

So war zum Beispiel der 1884 in Gailingen geborene Carl Roesch ein Künstler, der unter anderem auch viel mit der Mosaikkunst gearbeitet hat. Er hat in der Schweiz einige Gebäude mit seinen farbenfrohen Mosaiken verschönert und ihnen so einen ganz besonderen Reiz verliehen.

So gestaltete Carl Roesch unter anderem das alte Postgebäude in Rapperswil, im Kanton St. Gallen mit Mosaiken und auch das historische Haus zur Krone in Schaffhausen, trägt seine Handschrift. Über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt wurde Roesch aber durch seine Mosaiken für den Schweizer Pavillon anlässlich der Weltausstellung in Paris 1937. Auch sein Mosaik „Toter Christus" in der Kirche von Oberuzwil im Kanton St. Gallen, gehört zu den Meisterwerken der zeitgenössischen Mosaikkunst in der Schweiz.

Sehenswert sind aber auch die Bodenmosaiken des Schweizer Künstlers Fred de Roy (1911-1995). Er verlegte in der griechisch-orthodoxen Kirche der göttlichen Weisheit in Münchenstein bei Basel ein Mosaik mit Motiven aus der Geschichte der griechisch-orthodoxen Kirche.